Statement zum Toilettenumbau
18. Dezember 2014

In den nächsten Tagen wird die Sanierung der Toiletten im AZ Conni abgeschlossen sein. Diejenigen, die in den letzten Wochen das Haus besucht haben haben schon bemerkt, dass wir uns bewusst gegen die vorher vorhandene Trennung in Frauen- und Männerklo entschieden haben. Anstelle der insgesamt 3 Sitzklos und einer Pissrinne finden sich dort nun 6 Sitztoiletten, eine davon barrierefrei in einem extra Raum.

Ist der Sinn und Zweck einer barrierenfreien Toilette wahrscheinlich offensichtlich (ein barrierefreier Zugang zum Haus wird im Rahmen der kommenden Sanierung entstehen), so würden wir gerne ein paar Worte dazu verlieren, wieso wir uns allgemein für Unisex und im speziellen für diese Variante des Toilettenumbaus entschieden haben.

Für Menschen, die sich nicht in die Kategorien männlich/weiblich einordnen lassen wollen/können, ist der Gang auf eine geschlechtergetrennte Toilette oft mit der Angst verbunden, hinter jeder der beiden Türen als Eindringling wahrgenommen zu werden. Auch wenn wir im AZ Conni den Anspruch haben, dass Menschen sich unabhängig von den baulichen Gegebenheiten diskriminierungsfrei bewegen können sollen, so schafft der Umbau zu Unisex doch ein Stück soziale Realität.

Die Kategorien männlich und weiblich sind sozial konstruiert – aber dennoch im Alltag wirkmächtig. So zu handeln, als existierten diese Kategorien nicht, bedeutet praktisch meist, Dinge implizit anhand der männlichen Norm auszurichten. Denn das Männliche gilt in dieser Gesellschaft als das Neutrale, das Allgemeine, das Weibliche hingegen als die Abweichung von dieser Norm. Jegliche progressive Praxis muss sich demnach auch an den unmittelbaren negativen Folgen für alle Beteiligten messen lassen. Konkret fungieren getrenntgeschlechtliche Toiletten nicht nur als Ort, an dem Geschlecht konstruiert wird, sondern zuweilen dient die Frauentoilette auch als Rückzugsraum. Diese Funktion könnte in Zukunft vom separaten rollstuhlgerechten WC übernommen werden. Generell sind ausgewiesene Schutzräume und besonders ein Umgang miteinander, der diese überflüssig macht, jedoch vorzuziehen.

Wir haben uns bewusst gegen die Einrichtung von Pissoirs entschieden, um nicht das männliche Privileg, immer und überall öffentlich urinieren zu können und an der Toilette weniger anstehen zu müssen, weiter zu hofieren. Mit Urinellas oder speziellen Pissoirs ist es zwar theoretisch möglich, dass auch Frauen im Stehen pinkeln, dies scheint aber nicht an sich erstrebenswert, sondern primär als Reaktion auf sehr ungleich verteilte Wartezeiten. Die jetzige Lösung mit insgesamt 6 klassischen Sitzklos erschien uns als die gerechteste und für alle praktikabelste.

Sicherlich hindert dies dogmatische Stehpinkler nicht daran, ihr Tun nun auf die Sitztoiletten zu verlagern, wir sind jedoch optimistisch, dass ein Umdenken möglich ist. Auch wenn Rücksichtnahme als Argument ausreichen sollte, sei noch erwähnt, dass es auch einfach viel entspannter und gemütlicher ist sich hinzusetzen. Und falls dir die Brille dafür zu dreckig erscheint, kannst du sie in Zukunft mit Hilfe eines Hygienespenders in jeder Kabine kurz selbst reinigen. In diesem Sinne: Stand up for your rights, sit down while you piss!

Zuletzt sei noch erwähnt, dass Unisextoiletten im öffentlichen Raum mittlerweile legal sind. Anderslautende nationale Gesetze wurden durch Deregulierung der EU aufgehoben. Genaueres dazu gerne auf Nachfrage.

Für mehr (emanzipatorisches) Unisex, nicht nur auf der Toilette!

 


 

(Eine Version dieses Textes in Leichter Sprache ist in Arbeit)