Wie lange ist die Zeit eigentlich her, in der man als überzeugte*r Linke*r einen ganz normalen Alltag zwischen Plenum, Demo, Hausprojekt und Boulderhalle führen konnte, angetrieben von der Wut auf Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und Ausbeutung, die man mehr oder weniger treffend unter „Gesamtscheiße“ verbuchte? Stimmen, die in der Krise einen Katalysator zur Überwindung gesellschaftlicher Widersprüche erkannten, entpuppten sich schnell als Wunschvorstellung. Der Staat forderte die gemeinschaftliche Anstrengung, um möglichst wenig von seiner globalen Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Distanz wurde sozial – vorausgesetzt, man konnte sie sich leisten. Viele linke Organisationen und Strukturen standen vor einer Zerreißprobe. War der kapitalistische Staat nicht eigentlich das Problem und der weltweite Wettbewerb mit seiner Zerstörung unserer Lebensgrundlagen eine der Hauptursachen für die Pandemie? Sollte man in der konkreten Ausnahmesituation staatliche Maßnahmen unterstützen, weil eine individuelle Bewältigung der Situation nicht möglich war? Oder wären sogar viel härtere staatliche Maßnahmen nötig, um die Bedrohung einzudämmen? Gleichzeitig entstand vor dem Hintergrund eines vermeintlichen „Burgfriedens“ gegen das Virus eine heterogene Bewegung, die alle Strategien zur Eindämmung des Virus ablehnte und entweder das Virus selbst, die Gefahr durch das Virus oder die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu leugnete. Während in Deutschland Teile der Bundesregierung für drei verpflichtende Impfungen werben und die Querdenker*innen auf der Straße und im Internet noch einmal ihr Mobilisierungspotenzial deutlich verstärken können, fehlt es vor allem in afrikanischen Staaten völlig an Impfstoff, sodass die Gefahr neuer gefährlicher Mutationen hoch bleibt. Sowohl mit Blick auf Deutschland als auch auf die weltweite Situation erscheint die Corona-Pandemie als Brennglas, das gesellschaftliche Dynamiken und Unterdrückungsmechanismen sichtbar macht.
Wir finden daher, dass es Zeit ist, unsere Lähmung zu überwinden und selbst die Lupe in die Hand zu nehmen. Auch wenn Russlands Krieg gegen die Ukraine wenig Zeit zum Nachdenken lässt, ist Reflexion und Kritik eine der Grundvoraussetzungen für linke Praxis. Daher wollen wir gemeinsam mit euch und verschiedenen Referent*innen einen Blick auf die letzten zwei Jahre werfen. Uns ist dabei sowohl eine theoretische Auseinandersetzung mit den Entwicklungen als auch ein Blick auf die konkreten Auswirkungen des Virus sowie der Maßnahmen in verschiedenen Lebensbereichen bzw. für unterschiedliche Betroffenengruppen wichtig. Dazu gehören beispielsweise die Bedingungen in Unterkünften für Geflüchtete, die Folgen der Pandemie für Care-Arbeit und häusliche Gewalt sowie für das Gesundheitssystem. Vor allem möchten wir aber auch einen Raum für Diskussionen und Gespräche schaffen, für die in den letzten Jahren oft viel zu wenig Platz war.
Wenn nicht anders vermerkt starten alle Veranstaltungen um 19 Uhr.
Bei Veranstaltungen im Haus (Saal, Kneipe) gilt weiterhin 2G+ . Wenn die Veranstaltungen draußen stattfinden, ist ein tagesaktueller Test erwünscht , aber nicht zwingend notwendig. Bei uns gilt weiterhin im gesamten Haus Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (OP oder FFP2 Maske).
Fr, 29.04.: Kleines 1 x 1 der SARS-CoV-2-Pandemie. Was wissen wir zum aktuellen Zeitpunkt?
Referentin: Dr. Med. Roxana Müller
Der Vortrag ist eine Einführung in das Thema SARS-CoV-2, Pandemie und Covid-19. Er soll grundlegende Informationen zum Virus und der Erkrankung vermitteln. Soweit es bei der Komplexität der vorliegenden Daten möglich ist, wird eine zeitliche Einordnung verschiedener Pandemieeindämmungsmaßnahmen und ihrer Folgen vorgenommen. Schließlich soll ein Schlaglicht auf die Auswirkungen der Pandemiepolitik auf die Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen geworfen werden. Roxana Müller arbeitet als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in Dresden und ist Teil des erweiterten Vorstands des Vereins demokratischer Ärzt*innen (vdää*). Website: https://www.vdaeae.de
Fr, 06.05.: Störung im Betriebsablauf. Zur Möglichkeit linker Kritik in der Corona-Pandemie
Referent: Thomas Ebermann
Seit den 70er Jahren verfolgt Thomas Ebermann die Entwicklung linker Bewegungen in Deutschland mal in aktiver Teilnahme, mal in kritischer Distanz. Ausgehend von seinen Betrachtungen „Störung im Betriebsablauf“ zur gesellschaftlichen Lage während der Covid-19-Pandemie wirft er einen Blick auf die Sehnsucht nach Normalität,die allgemeine Bewusstlosigkeit der Menschen im kapitalistischen Wettbewerb und die Folgen eines jahrelangen Ausnahmezustands für linkes, emanzipatorisches Denken. Vor allem aber soll der Vortrag einen Anstoß für eine Diskussion über die aktuellen Möglichkeiten von Gesellschaftskritik liefern: Was bedeutet es für linke Kritik, wenn diese plötzlich als staatstragend erscheint
Di, 10.05.: Corona im Lager? War da was?
Mit Linxxnet Leipzig
In Massenunterkünften kann sich ein Virus schnell verbreiten. So auch Corona in den Lagern für geflüchtete Menschen. Der Beweis folgte kurz nach Ausbruch der Pandemie in Suhl, Halberstadt und anderen Standorten, wo hunderte Menschen sich engsten Raum teilen müssen. In Sachsen konnten einige Menschen gar ihr Recht auf Gesundheitsschutz geltend machen. Die Landesdirektion wurde von Gerichten verpflichtet, einige wenige aus dem Lager zu entlassen. Proaktiv folgten Hunderte.
Der Effekt verlor schnell, juristisch war mit Corona kein Stich mehr zu gewinnen. Wer heute aus dem Lager heraus muss, muss andere Gründe geltend machen.
Hat Corona den Blick der sächsischen Zivilgesellschaft auf die Situation in Lagern geschärft? Und wie lassen sich Menschen in Lagern heute praktisch unterstützen?
Die linXXnet Camptours aus Leipzig haben einige Erfahrungen während der Pandemie sammeln können. Das alles diskutieren wir gemeinsam im AZ Conni.
Die linXXnet Camptours haben einige Eindrücke per Video festgehalten: https://www.youtube.com/c/linXXnetLeipzig/videos
Hier sind wichtige Informationen bereitgestellt: https://www.linxxnet.de/neues/2021/07/hausordnungen/
Fr, 20.05.: Gesundheitsversorgung mit Blick auf die Lebensverhältnisse: Das Beispiel der Stadtteilgesundheitszentren
Mit dem Gesundheitskollektiv Dresden
Gesundheit ist nicht nur eine medizinische, sondern auch eine soziale Frage. Dies wurde durch die Covid-19-Pandemie abermals hervorgehoben. Ob und wie schwer Menschen von dem Virus sowie den mit ihm einhergehenden Maßnahmen getroffen werden, hängt unter anderem mit finanziellen Ressourcen, Wohn- und Arbeitsverhältnissen zusammen. Doch die soziale Frage wird in Fragen der Gesundheitsversorgung noch zu wenig bedacht. Dabei gibt es bessere Alternativen: Stadtteilgesundheitszentren, die sich neben der medizinischen Versorgung auch in der Gemeinwesenarbeit einbringen, um mit den dortigen Bewohner*innen gemeinsam für ihre Belange einzustehen. Unser Vortrag soll im ersten Teil die Zusammenhänge von Lebensverhältnissen und Gesundheit aufzeigen, um euch im zweiten Teil das Konzept der Stadtteilgesundheitszentren sowie praktische Beispiele dieser vorzustellen
Fr, 27.05.: Covid19 im Globalen Süden – Eine medizinische, soziale, politische und ökonomische Syndemie
Referent: Andreas Wulf/Medico International
Die Covid-19 Pandemie hat die ungleiche Verteilung von Gesundheitsrisiken, Ressourcen und Macht sowie die soziale und wirtschaftliche Folgen der Pandemie und ihrer Bekämpfung auf brutale, oftmals tödliche Weise verschärft. Wer Zugang zu Schutzinstrumenten, zu sozialen Sicherungen beim Jobverlust im Lockdown, zu Bildung und Arbeit im Homeoffice und Distance Learning hat und wer nicht, wurde in der Pandemie schonungslos offengelegt.
Ein wichtiger Teilaspekt in dieser Debatte ging um die Verteilung von Covid-19 Impfstoffen entlang der wissenschaftlichen und ökonomischen Stärke von Nationalstaaten und dem politischen Umgang mit Patenten zur Absicherung der Gewinne von Pharmaunternehmen.
In den Kämpfen um einen gerechten Zugang zu den Mitteln zur Bewältigung der Pandemie aktualisieren sich auch die Erfahrungen, die in der AIDS Pandemie in den 2000er Jahren global gemacht wurden. Sowohl in den internationalen Debatten wie auch den lokalen Kämpfen von Gesundheitsaktivist*innen in ihren jeweiligen Ländern und Regionen. Medico international war über globale Gesundheitsnetzwerke und lokale Partnerorganisationen auf beiden Ebenen daran beteiligt.
Diese Erfahrungen werden im Vortrag vorgestellt und zur Diskussion gestellt.
Di, 31.05.: Experiencing violence “at home” – Take-home lessons by the COVID-19 pandemic (Erfahrungen mit Gewalt “zu Hause” – Lehren aus der COVID-19-Pandemie)
Referentin: Amera Mojahed (she/her)
Der Vortrag findet auf Englisch statt; bei Bedarf Übersetzung möglich. (deutsche Beschreibung siehe unten)
The COVID-19 pandemic has not only shown the increased rates of violence at home and the severity of its consequences, that is being mental, physical or spiritual, it has also shown on what silence and isolation did to survivors and continues to do to victims. Long before COVID-19, the pandemic of violence against women* and children has been existing in high rates around the world, regardless of one’s identities. This talk is aimed:
a) to define and re-learn what violence in intimate relationships could be through short poems and stories of survivors, and
b) to explore the different options and possibilities on how to tackle such issue for women* in today’s Germany.
Content warning: Depiction or discussion of violence, as well as discriminatory attitudes or actions, such as sexism.
Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur den Anstieg der häuslichen Gewalt und die Schwere ihrer Folgen (psychisch, physisch oder spirituell) gezeigt, sondern auch, was Schweigen und Isolation den Überlebenden angetan haben und den Opfern weiterhin antun. Nicht erst seit COVID-19 ist die Pandemie der Gewalt gegen Frauen* und Kinder auf der ganzen Welt in hohem Maße vorhanden, unabhängig von der Identität der Betroffenen. Dieser Vortrag zielt darauf ab,
a) anhand von kurzen Gedichten und Geschichten von Überlebenden zu definieren und neu zu lernen, was Gewalt in intimen Beziehungen sein könnte, und
b) die verschiedenen Optionen und Möglichkeiten zu erkunden, wie dieses Problem für Frauen* im heutigen Deutschland angegangen werden kann.
Inhaltswarnung: Darstellung oder Diskussion von Gewalt sowie von diskriminierenden Einstellungen oder Handlungen, wie z. B. Sexismus.
Di, 07.06 Verschwörungsideologien – ein Bindeglied zwischen demokratiefeindlichen Akteur:innen? Ein Blick auf Verschwörungsideologien und demokratiefeindliche Mobilisierung im Kontext der Corona-Pandemie
Verschwörungsideologien haben in der Corona-Pandemie Konjunktur. Als Antwort auf gesellschaftliche Krisenerfahrungen bieten sie schon seit Jahrhundeten ein einfaches Weltbild, mit klaren Schuldigen und autoritären Gemeinschaftskonzepten. Der „Lösungsvorschlag“ ist dabei stets der gleiche. Die ‚Volksfeinde‘ und ‚Verschwörungsbanden‘ sollen verfolgt werden, dann werde alles wieder gut. Das bedroht nicht nur konkrete Menschen, sondern verschleiert auch reale Interessenskonflikte und gesellschaftliche Herausforderungen. Im Kontext der Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen konnte in den letzten zwei Jahren beobachtet werden, welche scheinbar überraschenden Allianzen sich in der Zustimmung zu verschwörungsideologischen Erzählungen rund um das Virus zusammenfinden. Auf diese Schanierfunktion von Verschwörungsideologien soll in diesem Vortrag genauer eingegangen werden: Wer glaubt an Verschwörungsideologien und welche Rolle spielen dabei politische und weltanschauliche Perspektiven?
Di, 14.06.: Ritualisierte Umsturzfantasien – Rechte Netzwerke in der Pandemie
Mit dem ART Dresden
Die Corona-Pandemie und die politischen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung haben in Sachsen früh Akteur*innen aus dem rechtsnationalistischen Milieu auf den Plan gerufen. Etablierte Vernetzungen, die im Zuge der rassistischen Mobilisierungen seit 2015 entstanden sind, wurden reaktiviert und zudem Versuche unternommen Kontakte zu anderen, oftmals alternativ geprägten Milieus zu knüpfen. Das Ziel blieb wie 2015 das gleiche: Reaktionäre Umsturzfantasien sollten in der Krisensituation vorangetrieben werden.
In der Veranstaltung werfen wir einen Blick auf die zeitlichen Abläufe, die Akteur*innen und ihre ideologischen Motive. Und wir wollen diskutieren, welche Schlussfolgerungen die antifaschistische Bewegung angesichts der Mobilisierungen der Pandemie-Leugner*innen ziehen kann.
Fr, 24.06.: Wie proben wir den Aufstand aus der Küche, wenn wir das Haus nicht verlassen dürfen? Feministische Bewegungen in Zeiten der Pandemie zwischen Selbstsorge, Streik und Aufstand
Referentin: Constanze Stutz
“Wir werden nicht zur Normalität zurückkehren, denn die Normalität war das Problem…” proklamierte Das transnationale feministische Manifest zu Beginn der Pandemie. Zwei endlose Jahre später scheint von der Hoffnung auf eine umfassende gesellschaftliche Krisensituation als Möglichkeitsfenster emanzipatorischer Politik kaum noch etwas übrig zu sein. Neben Krisen und Kriegen stehen Erschöpfung und Ohnmacht der Einzelnen im Vordergrund der politischen Auseinandersetzungen, Engagement und Bewegungen. Welche Auswirkungen also hatte der Ausbruch und die politische Bearbeitung der Covid-19 Pandemie in den letzten Jahren auf transnationale feministische Bewegungen?
Constanze Stutz widmet sich in ihrem Vortrag einer Kartographierung der Verschiebungen der Organisationsformen, Forderungen und kollektiven Praxen feministischer Bewegungen. Entlang von vier Schlaglichtern zum Verhältnis von Feminismus und Revolution, zeigt sie, wie und warum sich ein feministisches Revolutionsverständnis grundlegend von bekannten Vorstellungen einer gewaltvollen großen Umwälzung unterscheidet und vorgreifend, tastend schon im Hier und Jetzt das ganz andere sucht (und gelegentlich auch findet).
Warum also Kämpfe um Reproduktion – soziale wie ökologische – und das Geschlechterverhältnis im Herzen der Revolution liegen, wie Bini Adamczak schreibt. Formen des Widerstands zwischen Streik und Aufstand, zwischen Selbstveränderung und Veränderung der Verhältnisse, zwischen Enteignung der Körper und der Mittel zur Reproduktion rücken damit in den Mittelpunkt einer feministischen Auseinandersetzung um revolutionäres Begehren und die Frage, wie eine andere Gesellschaft herzustellen ist und einzurichten wäre. Wie diese Frage sich auch in der vierten bis fünften Welle der Corona Pandemie kollektiv bearbeiten lässt, wird im Anschluss an den Vortrag gemeinsam diskutiert.
Di, 05.07., 17-21 Uhr: Ignorieren? Positionieren? Argumentieren? – Handlungsfähig gegen menschenverachtende Einstellungen und Aktivitäten
Argumentationsworkshop mit dem Kulturbüro Sachsen
Engagierten müssen oftmals im Familien-, Freundes- und Kolleg*innenkreis oder auf der Straße Rede und Antwort stehen, ihre Aktivitäten verteidigen oder grundlegende demokratische und humanistischen Werte verteidigen. Im Workshop werden wir uns über Strategien und Reaktionsmöglichkeiten informieren und der Frage nachgehen, in welchen Situationen es sinnvoll ist, mit anderen ins Gespräch zu kommen – und wie das vielleicht gelingen kann. Es werden Grundlagen im Argumentieren und Positionieren gegen rechts diskutiert und erarbeitet.
Anmeldung erforderlich, die Teilnehmendenzahl ist auf 12 Personen begrenzt!
Anmeldung bis 28.06. per Mail an kuk@azconni.de
Di, 12.07., 17-20 Uhr: Meine Freiheit – Deine Freiheit – Demokratische Zumutungen in Zeiten von Corona
Betzavta-Workshop mit dem Kulturbüro Sachsen
Wer entscheidet im Krisenfall, wenn Zeitnot und Unwissen regieren? Welche Mittel sind angemessen? Was passiert mit demokratischen Entscheidungswegen? Die Maßnahmen gegen das Coronavirus haben auch in Deutschland dazugeführt, dass einige Grundrechte teilweise massiv eingeschränkt wurden – mit dem Ziel andere Grundrechte zu schützen – wie etwa das Recht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit (Art. 2). Im Workshop erleben und diskutieren wir diese demokratischen Dilemmata anhand von Übungen aus dem erfahrungsbasierten Bildungsansatz des Programms „Mehr als eine Demokratie // Betzavta“ des ADAM Instituts Jerusalem. Eingeladen sind alle Menschen, die sich für das Thema interessieren.
Anmeldung bis 29.06. per Mail an kuk@azconni.de
Di, 19.07.: Quarantäne und Kritik – Rückblick nach zwei Jahren Pandemie
Podiumsgespräch mit Kampagne NAUS, Gruppe Polar, AIL und ABC
Mehr als zwei Jahre hatte die Corona-Pandemie die Gesellschaft in ihrem Griff. Von Lockdowns und Grundrechtseingriffen über Lockerungen bis zu Finanzhilfen wurde vor allem der Staat gemäß seiner Funktion zum zentralen Krisenmanager. Wenig überraschend versuchte er mit mal mehr und mal weniger nachvollziehbaren Maßnahmen die Kapitalakkumulation am Laufen zu halten – auf Kosten der Freiheit und Sicherheit seiner Bürger*innen.
Jedoch standen auch radikale Linke und Anarchist*innen vor Herausforderungen. Eine Eindämmung der Pandemie erschien auch aus staatskritischer Sicht sinnvoll, um Menschenleben zu retten. Gleichzeitig wurden die Folgen der Krise wieder einmal auf die verwundbarsten Teile der Gesellschaft abgewälzt. Zu kritisieren gab es also genug. Doch schon die ersten öffentlichkeitswirksamen Aktionen wurden von der Polizei konsequent unterbunden. Nichtsdestotrotz wurden Forderungspapiere geschrieben und Kampagnen gestartet, um die zahlreichen Missstände anzugreifen. Gleichzeitig entstand eine diffuse politische Bewegung gegen die staatlichen Maßnahmen, die mit der Zeit immer offener ins rechte und verschwörungstheoretische Milieu abrutschte und die zunehmend zum Fokus linker Aktionen wurde, was ebenso auch Kritik erfuhr.
Nach mehr als zwei Jahren Pandemie wollen wir gemeinsam zurückschauen und auswerten, wie unsere politische Praxis aussah. Welche Strategien waren erfolgreich, wo hätten die Dinge anders laufen sollen? War die Linke regierungsunkritisch? Wie ist unser Verhältnis zu staatlicher Autorität, zu Repression gegen Querdenken, zur Impfplicht und anderen Corona-Maßnahmen?
Und natürlich ergeben sich daraus auch Fragen für zukünftige politische Strategien. Denn eines ist sicher: Die nächste Krise kommt bestimmt!